Ein Haus mit Geschichte

von Hans-Peter Michel

Das alte Burgvogteihaus im Mandelring 45, Haardt

Das Anwesen Mandelring 45 ist seit Jahrhunderten ein geschichtsträchtiger Ort in der Gemeinde Haardt. Seit dem 12. Jahrhundert befand sich hier ein sogenannter Hubhof: eine Verwaltungsstelle der Kurpfalz, welche auch als Gerichtsort diente. Nach der Zerstörung der Burg Winzingen im Jahre 1696 wurde die Ruine nicht wiederaufgebaut. Der Burgvogt Anton Winkelblech zog „unter die Burg“, in das heutige Anwesen Mattern. Die Burgvogtei wurde in den Hubhof verlegt, wo 1728 ein neues Gebäude errichtet wurde: das „herrschaftliche Burgvogteihaus“. In dessen Kelterhaus fanden 1781/82, während des Neubaus der Haardter Kirche, die Gottesdienste statt und dort war auch die Orgel gelagert. 1822 ging das Gelände an den Neustadter Bankier Grohe über. Dieser überließ dem Mitinitiator und Redner des Hambacher Festes Dr. Jakob Siebenpfeiffer darin eine Wohnung, in der er vom 29.März bis zu seiner Verhaftung am 18. Juni 1832 wohnte.

In den späten 1830iger Jahren kam das Anwesen durch Heirat der Tochter des Herrn Grohe mit Herrn Johann Ludwig (Louis) Wolf aus Wachenheim an diesen und wurde zur „Villa Johann“ umgebaut. Es diente als Sommeraufenthalt. Wolf gestaltete den Wald hinter seinem Haus zu einer Parkanlage mit einer Eremitage, Pavillons, einem Wasserfall und schönen Wegen. Dazu schrieb August Becker in seinem Buch “Die Pfalz und die Pfälzer” 1857:

„Die Wolf’schen Anlagen sind dagegen jederzeit zugänglich und gewähren von der Eremitage aus die nämliche Aussicht wie das Haardter Schlößchen. Man versäume nicht, sie zu besuchen.“

Durch Heirat mit Luise Wolf 1875 ging das Anwesen mit dem Waldpark an Dr. Albert Bürklin, Mitglied des Reichstages und Intendant des Karlsruher Hoftheaters. Dieser errichtete auf der großen Aussichtsterrasse des Parkes ein „Schweizer Haus“, welches leider 1962 ein Opfer der Flammen wurde. Dass die Familie Dr. Bürklin mit der Gemeinde Haardt verbunden war, zeigt auch eine Notiz in der „Neustadter Zeitung“ vom Dezember 1883:

„Dr. Bürklin, Wachenheim, der den größten Theil des Sommers hier Aufenthalt nimmt, hat an das Bürgermeisteramt dahier die Summe von 200 Mark gelangen lassen, um damit Kindern unbemittelter hiesiger Einwohner eine kleine Weihnachtsfreunde zu bereiten.“

(Es wurden 40 Paar Kinderschuhe beschafft.) 1924 ging der Besitz an den Großneffen des Reichtagsabgeordneten.

Etwa 1936 ging das Anwesen dann an eine „gemeinnützige Organisation“: die nationalso- zialistische Nachfolgeorganisation des „Pfälzischen Kunstvereins“. Das Haus wurde in dieser Zeit in Einzelwohnungen aufgeteilt. Einer der Bewohner war, von 1937 bis 1950, der Kunstmaler Hanns Fay, welcher auch als Geschäftsführer dieses Vereins fungierte.

Nach 1945 war das Haus Internierungslager deutscher Gefangener und dann eine französische Internatsschule. 1952 erwarb die „Pfälzische Arbeiterwohlfahrt“ das Grundstück und riss es bis auf die Grundmauern ab. Da es nach Worten des AWO-Vorsitzenden „ein völlig morscher Apfel“ war. Nach dem Umbau wurde dort am 6. Nov. 1953 ein Altersheim eröffnet, das bis 1987 betrieben wurde.

2015 kam das gesamte Areal an die Stadt Neustadt, und es dient bis heute als Unterkunft für Geflüchtete.